Die Frage, wie der Raum aussehen soll, in dem wir leben, geht uns alle etwas an. Damit sich bereits Kinder und Jugendliche bewusst werden, wie wir diesen aktiv mitgestalten können und was Baukultur bedeutet, bietet der Verein LABforKids ein breites Angebot an Modulen für Schulen und Anlässe an. Ausserdem kommt er in einem neuen Kleid daher.
Gespannt blicken die Kinder durch das ausgefräste Fenster auf die Baustelle, wo der Ersatzneubau des Schulhauses Wiesental in Baar entsteht. Hautnah können sie den Fortschritt ihres zukünftigen Orts des Lernens mitverfolgen. Dabei erfahren die Kinder begleitend dazu baukulturelle Vermittlung im Unterricht. Möglich macht dies in Zusammenarbeit mit der Schule Wiesental sowie der Kulturabteilung der Einwohnergemeinde Baar das LABforKids. Der Verein widmet sich seit 2018 der Aufgabe, Kindern und Jugendlichen im Kanton Zug den Zugang zu baukultureller Bildung zu ermöglichen. Dies geschieht in Form von Projekttagen, Kurzworkshops oder wie im Falle des Schulhauses Wiesental über längerfristige Projektbegleitungen.
Als das LABforKids als Initiative aus dem K’werk Zug in Zusammenarbeit mit dem Bauforum Zug entstand, war das Zielpublikum noch nicht eindeutig definiert. «Seit wir uns Anfang 2023 als Verein formiert haben, haben wir auch die Frage nach dem Zielpublikum geklärt: Unser Hauptfokus liegt ganz klar auf den Schulen», erklärt Barbara Windholz, Mitgründerin und Co-Leiterin des LABforKids. Bei der Zusammenstellung der Angebote orientiert man sich am Lehrplan 21 sowie an den verschiedenen Zyklen respektive Altersstufen, welche von Zyklus 1 (Kindergarten bis 2. Klasse) bis zur Sekundarstufe II reichen. Auch die neu gestaltete Webseite orientiert sich daran, «um die Zugänglichkeit des Angebotes für die verschiedenen Zyklen den Lehrpersonen zu vereinfachen und auf einen Blick übersichtlich zu gestalten», führt Windholz aus. Die Module umfassen beispielsweise das Erforschen von Baumaterialien, wie erlebbarer Raum entsteht oder welche Rolle Kreislaufwirtschaft im Bauwesen spielt. Dabei werden die Klassen stets von ausgebildeten Fachpersonen begleitet.
Auch das Spielen hat Platz
Abhängig der Altersstufe werden die Inhalte entsprechend angepasst und auch die Umsetzung erfolgt altersgerecht. Bereits Kinder ab Kindergartenstufe seien für baukulturelle Themen zu begeistern, so Windholz, es komme bloss darauf an, wie stark die komplexen Inhalte dabei abstrahiert und auf die entsprechende Altersstufe hinuntergebrochen werden. Generell seien die Jüngsten am entdeckungsfreudigsten, doch halte dafür ihre Konzentration nicht so lange an. «Da braucht es immer wieder kleine Pausen und sehr spielerische Ansätze, damit man ihr Interesse hochhalten kann.»

Derweil eigneten sich Kinder des Zyklus 2, also von 3. bis 6. Klasse, sehr gut für die Vermittlung von tiefergreifenden Aspekten baukultureller Themen. «Sie sind mit gewissen Methoden bereits gut vertraut und können dadurch auch länger an einem Thema dranbleiben. Auch ihr Interesse ist stark intrinsisch motiviert, sodass es für uns ein Leichtes ist, sie in ihrer Lebenswelt abzuholen», so Windholz.
Neue Fragen stellen sich
Dem LABforKids geht es nicht darum, künftige Architekten und Raumplanerinnen «heranzuzüchten», sondern soll das Bewusstsein für unseren Raum und wie wir ihn gestalten, entwickelt werden. «Der kritische Blick soll geschärft werden», sagt die Co-Leiterin, «denn nicht alles, so wie es gebaut worden ist und gebaut wird, ist unveränderlich und muss einfach so hingenommen werden.» Zusammenhänge, wie Räume mit sozialer Gerechtigkeit zusammenhängen oder dass Raumplanung auch mit Verantwortung einhergeht, sollen aufgezeigt werden. Es geht also unter anderem um die Förderung von kreativen und kritischen Denkprozessen im Umgang mit Raum und Architektur sowie die Befähigung der Kinder, ihre Umgebung aktiv zu hinterfragen und mitzugestalten, um sich bewusst zu werden, wie eine möglichst hohe Aufenthaltsqualität erreicht werden kann.

In Anbetracht aktueller Entwicklungen rund um Bauwesen und -kultur wie die verstärkte Partizipation der BewohnerInnen bei der Quartierentwicklung oder dass bezüglich Rückzugsorten die Idee von Mischformen vermehrt Fuss fasst, beispielsweise dass Küchen von mehreren Parteien genutzt werden und generell gemeinschaftlich genutzten Räumen mehr Platz eingeräumt wird, gewinnt das Angebot des LABforKids zusätzlich an Relevanz. «Bei den Fragen, wie wir zusammenleben und Räume nutzen wollen, stellen sich nicht zuletzt aufgrund des knappen Wohnraumes ganz neue Fragen», sagt auch Barbara Windholz.
Als aktuelles Zuger Anschauungsbeispiel dafür, wie jetzt die Weichen für das zukünftige Zusammenleben gestellt werden, dient die Abstimmung im Februar zum 80 Meter hohen Hochhaus Pi, dessen Bebauungsplan mit gut 70 Prozent vom Volk gutgeheissen wurde. So ist das LABforKids seit geraumer Zeit auch bemüht, eine Brücke zwischen den Lehrpersonen und Architektinnen und Raumplanern zu schlagen. Der Verein arbeitet als Vermittler und steht immer wieder im gegenseitigen Austausch, unter anderem bei der Entwicklung neuer Module.
Ein Angebot nicht nur für Zug
Von dem Angebot können freilich nicht nur Zuger Schulen profitieren, sondern auch ausserkantonale. So besuchte das LABforKids im vergangenen Herbst die Schule Altenburg in Wettingen AG, wo die kantonale Kulturkommission einen entsprechenden Beitrag sprach, den die Schule beantragt hatte. Mit anderen Worten, es liegt an den Schulen, die Finanzierung mit der Kulturkommission oder Bildungsdirektion zu regeln. Im Kanton Zug ist dies insofern einfacher, als dass Schulen dank einer grosszügigen Mitfinanzierung unter anderem durch den Kanton lediglich einen symbolischen Beitrag von 250 Franken pro Angebot leisten müssen.

Insgesamt begleitete das LABforKids im vergangenen Jahr rund 400 Kinder innerhalb und ausserhalb der Schulen durch seine Angebote. Dazu zählt unter anderem auch das Angebot am Nationalen Tag des Denkmals im Rahmen der europäischen Tage des Denkmals, wenn Kinder mit Workshops und interaktiven Formaten Architekturgeschichte erleben können. Mit dabei ist dann jeweils auch das BaukulturMOBIL, ein 9 m2 grosser Holzbau auf einem Anhänger. Heuer wird das Gefährt am Nationalen Tag des Denkmals Mitte September Halt in Unterägeri machen und der Fokus auf dem Ägerital liegen. «Wir möchten dort ein geeignetes Format für Baukultur anbieten, aber für Konkreteres ist es noch zu früh», sagt Windholz dazu.
Was den Blick in die Zukunft anbelangt, so erinnert sie daran, dass es sich beim LABforKids noch um einen jungen Verein handelt, der entsprechend über begrenzte finanzielle wie personelle Ressourcen verfügt. An Ideen für zukünftige Angebote, die man gerne ausbauen oder neu aufnehmen würde, mangelt es jedoch nicht. So würde man gerne dem Thema öffentlicher Raum und Teilhabe sowie wer bestimmt, wie Städte und Dörfer gebaut werden, mehr Platz einräumen. Ebenso wie Licht, Akustik und Material unsere Raumwahrnehmung beeinflussen. «Auch die Baugeschichte und Identität sind ein spannendes Feld – welche Geschichten erzählen Gebäude und Orte?», führt Windholz aus. Andere Aspekte, die in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werden und entsprechend auch im LABforKids verstärkt eingebunden werden sollen, sind Mobilität und Stadtentwicklung respektive wie Verkehr die Stadtgestaltung beeinflusst sowie welche Rolle digitale Werkzeuge rund um künstliche Intelligenz und Augmented Reality in der Architektur und generell der Stadtplanung spielen und künftig einnehmen werden.